Spirituelle Namen
Veröffentlicht von Nirdosha S. Giese in Spiritualität · 20 Februar 2023
Häufig werde ich nach meinem Namen gefragt. Woher ich ihn habe, wer ihn mir gegeben habe, ob das mein Yoga-Name sei u.ä.
Diese Fragen habe ich in dem nachfolgenden Beitrag aufgegriffen.
Alles ist Klang
Alles schwingt, alles ist Klang. Diese Aussage bekräftigen auch immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen, die schon seit langen behaupten, unsere Welt sei nicht so fest, wie wir sie wahrnehmen. Die Quantenphysik arbeitet auf den kleinsten Ebenen, wo „feste“ Materie auch nur noch aus kleinen Teilchen besteht.
Der Japaner Dr. Masaru hat in seinen mittlerweile sehr bekannten Experimenten mit Wasserkristallbildern nachgewiesen, dass bestimmte Klänge unterschiedliche Auswirkungen auf die Wasserkristalle haben. So bilden die Kristalle bei dem Wort „Hass“ ein nahezu diabolisches, ungeordnetes Bild, während sie bei „Liebe“ sehr harmonisch angeordnet werden. Selbst die Wasserqualität eines verseuchten Sees konnte nachweislich verbessert werden, nachdem Mönche eine ganze Weile dort laut gebetet hatten.
Und so hat unser Name auch eine Auswirkung auf uns, bringt sein Klang eine bestimmte Saite in uns zum Schwingen.
Wir alle erhalten, nachdem wir geboren wurden, von unseren Eltern einen Namen, mit dem wir daraufhin gerufen werden. Dies ist unser bürgerlicher Name, den wir nun eine ganze Weile tragen, von dem wir uns angesprochen fühlen und der mit der Energie unserer Geschichte angefüllt wird. D.h. jedes Mal, wenn dieser Name erklingt, spult sich auch immer wieder die Geschichte des Menschen ab, der dahinter steht, sein bis dahin angehäuftes Karma.
Begibt man sich nun auf den spirituellen Weg kann es sein, dass sich nach einer Weile ein anderer Klang in einem manifestiert, der sich ebenfalls in einem Namen zeigt. Dies ist der spirituelle Name, über den ich im Folgenden schreiben will.
Wir alle kennen dies aus den Kulturen der amerikanischen Ureinwohnern: Ein neuer Lebensabschnitt beginnt und das Stammesmitglied erhält einen neuen Namen, da der alte nun nicht mehr mit der aktuellen Situation, der aktuellen Energie, dem Bewusstsein des Individuums übereinstimmt.
So ähnlich ist es auch mit den spirituellen Namen. Der spirituelle Name zeigt sich in einem Moment von Satori, d.h. einem Moment von Erwachen. Unser alltägliches Weltbild wird erschüttert, der Schleier der maya hebt sich für einen Moment und wir realisieren die Absolutheit unseres Seins. Und in diesem Moment scheint der Klang unseres Wesens hervor, der unserem spirituellen Wesen entspricht. Man könnte auch sagen, er beschreibt einen Bewusstseinsschwerpunkt, den wir hier in diese Inkarnation mitgebracht haben.
Sri Chinmoy, ein spiritueller Lehrer, schreibt zum Beispiel hierzu:
„Jeder Mensch besitzt alle göttlichen Eigenschaften, aber eine Eigenschaft sticht oft hervor. Eine göttliche Eigenschaft tritt in der Regel bei einem Menschen offener zutage
als andere, und die Seele ist bestrebt, die höchste Wahrheit durch diese bestimmte Eigenschaft zu manifestieren. Eine Seele wird durch Licht manifestieren, eine andere durch Schönheit, eine dritte durch Kraft, eine vierte durch Mitleid, eine fünfte durch Frieden, eine sechste durch Freude. Jeder Sanskritname, den ich gebe, hat eine spirituelle Bedeutung und jeder Sucher hat die Fähigkeit, die höchste Wirklichkeit durch die spezielle Eigenschaft, die sein Name offenbart und verkörpert, zu verwirklichen und zu manifestieren. Wenn die Seele das Höchste auf der Erde verwirklichen und manifestieren will, wird es unendlich viel leichter, wenn der Sucher diese bestimmte Eigenschaft kennt. Wenn ein Schüler einen spirituellen Namen hat und auf diesen Namen meditiert, kommt diese göttliche Eigenschaft mit größter Macht zum Vorschein und zeigt ihm, wofür er hier ist und warum er in die Welt kam. Das ist der Grund, warum ich spirituelle Namen gebe.“
Finden des Spirituellen Namens
Hier kommen wir schon zu der Frage, die sich bei vielen spirituellen Suchern einstellt: Wie kann ich meinen spirituellen Namen herausfinden?
Dazu muss ich sagen: Gar nicht! Das ICH (im Sinne des Egos) ist dazu nicht in der Lage. Der spirituelle Name erscheint in einem Moment, der jenseits von EGO-Ich ist. Wir können also nichts „tun“, keine Übungen, um den spirituellen Namen zu erhalten, keine Seminare besuchen, in dem wir uns an bestimmte Wesenheiten wenden, die uns unseren Namen mitteilen. Denn wer würde ihn dann erhalten? Das Ego-Ich, welches dieses u.U. gleich für sich nutzen würde, um sich zu erhöhen. Oh seht, wie weit ich auf dem spirituellen Weg bin. ICH habe bereits einen spirituellen Namen!
Wir können nur das Wollen aufgeben, mit dem Tun aufhören und ganz präsent sein, hier und jetzt, und das aufsteigen lassen, was sich zeigen will.
Der spirituelle Name weist auf etwas ganz anderes hin und eigentlich können wir ihn auch nicht „annehmen“, denn wir sind „es“ einfach. In der Phase, in der ich immer mehr realisierte, was mein innerstes Wesen ausmacht, spürte ich eine 110% Resonanz mit dem sich zeigenden Klang, bis hinein in die kleinste Zelle. Ich war (und bin) dieser bestimmte Klang, der sich in diesem Sanskrit-Begriff zeigt.
Diese eigene Realisierung ist immens wichtig. Wir bekommen diesen Namen durchaus von einem spirituellen Lehrer / einer spirituellen Lehrerin bestätigt. Diesem ist aber immer eine eigene Erfahrung vorgegangen. Vielleicht nicht in dem Wissen, dass es sich dabei um den spirituellen Namen handelt, aber die Qualität, auf die er hinweist wurde auf jeden Fall erfahren.
Es geht also nicht darum, einfach einen neuen „schicken“ Namen zu bekommen am Ende einer Yoga-Ausbildung o.ä. Oder einen Brief nach Indien in einen bestimmten Ashram zu schicken, wo dann ein Name aus einem Topf gezogen und als Antwort zurückgeschickt wird. Diejenigen, die ich kenne, die dies gemacht haben, haben alle früher oder später den Namen wieder abgelegt, weil er nicht stimmig war. Er entsprang nicht aus einer eigenen Realisierung.

Wir unterstützen dadurch unsere Aufrichtung in die Vertikale, die Erinnerung unserer Seele an ihren Ursprung.
Auflösung einiger Konzepte rund um den spirituellen Namen
Abschließend möchte ich noch eine Anmerkung machen, die sich auf ein anscheinend weit verbreitetes esoterisches Konzept bezieht, das aber meiner Meinung nach nichts mit einer spirituellen Erfahrung zu tun hat.
Vor einiger Zeit las ich in einem Internetforum die Frage danach, wer denn seinen spirituellen Namen kenne und wie er ihn erhalten habe?
Ein Forenmitglied schrieb daraufhin, ihr spiritueller Name sei Soundso.
Daraufhin kamen ganz entsetze Rückantworten, sie dürfe den spirituellen Namen NIEMALS laut nennen, denn böse Menschen könnten ihr dadurch schaden, gar Macht über sie erlangen, wenn sie den Namen wüssten. Weiterhin wurde auch ausgeführt, dass man ihn im Prinzip auch gar nicht denken dürfe, denn ganz schlimm seien ja die Menschen, die telepathisch veranlagt wären, dadurch den Namen erfahren könnten und dir dann schaden könnten.
Meine persönliche Meinung? Ganz großer Schwachsinn!
Erstens spricht die eigene Erfahrung dagegen. Ich kenne so viele Leute, die seit vielen Jahren ihren spirituellen Namen öffentlich tragen und niemandem davon ist bisher durch „schwarzmagische“ Praktiken o. ä. geschadet wurden.
Zweitens: Wem kann denn geschadet werden? Der Name ist Teil unseres spirituellen Wesens. Magie, Schadenszauber o. ä. gehören in die Welt der Dualität. Wie kann etwas zu Schaden kommen, was von Natur aus schon ganz und heil ist und es immer sein wird?
Ich möchte das Ganze nur in so weit einschränken, dass, wenn jemand glaubt, dass ihm dadurch geschadet werden kann, es in dem Fall durchaus möglich ist. Aber das liegt nicht in dem Namen an sich begründet, sondern daran, dass derjenige diese Überzeugung in sich trägt, dass es so sein kann.
Hier wird meiner Meinung nach zum einen ein großes Spiel mit der Angst betrieben (vom Enneagramm her ist Deutschland eine 6er-Fixierung. Dies sind die Angstfixierungen, die sich hier vielleicht auch widerspiegeln). Des Weiteren geschieht auch hier eine Erhöhung durch das Ego: Ich bin wichtig, ich habe einen spirituellen Namen. Ich muss mich und den Namen, diesen besonderen, schützen.
In dem Forum wurde dann auch weiter ausgeführt, dass es aber dennoch wichtig sei, dass man den Namen realisiere, da man dadurch Zugang zu verborgenem Wissen erlange, neue Fähigkeiten in sich entdecken könne usw.
Mein Eindruck war, dass die Menschen, die dies schrieben, nicht wirklich verstanden hatten, worauf ein spiritueller Name eigentlich wirklich hinweist. Das es nicht darum geht, dass das Ego sich neue, tolle Fähigkeiten aneignet, sondern das wir einfach erkennen, wer wir in Wahrheit sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dagegen verblassen alle Fähigkeiten, zu denen wir vielleicht Zugang erhalten könnten.
Ich glaube außerdem, dass dadurch, dass jemand seinen spirituellen Namen öffentlich trägt und ihn auch nennt, diese spirituelle Saite vielleicht auch in dem Gegenüber geweckt wird. Vielleicht wird ein Same gelegt, der eines Tages aufgeht. Und so gesehen, kann er schon schaden, der spirituelle Name. Aber nur dem Ego, das Angesichts des strahlenden Selbst an seinen angestammten Platz verwiesen wird.
Lasst euch bitte von so was nicht kirre machen, sondern hört auf den feinen Klang in eurem Inneren, der vielleicht erklingen möchte.
Mögen alle Wesen in Allen Welten glücklich und frei sein. Und möge Jeder seinen Namen und seinen eigenen Klang erklingen lassen zum Besten aller Wesen in allen Welten.
Om Shanti,
Nirdosha
(Sanskrit; Zusammengesetzt aus „Dosha“ und „Nir“.
Dosha= Fehler, die drei doshas sind die drei Grundprinzipien, die für das Auftreten von Krankheiten verantwortlich sind.
Nir = ohne, nicht… (Vorsilbe)
Nirdosha = „unschuldig“.
Gemeint ist ein Zustand des unschuldigen Wissens, das Jenseits des Wissenstolzes liegt, um somit in die innere Welt und die Weisheit des Kindes einzutreten, in der jeder Augenblick neu und geheimnisvoll ist.)
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Wer gerne noch etwas mehr über spirituelle Namen lesen möchte, dem sei das Buch „Klang der Leere“ (Shunyata Mahat; Raben-Verlag Göttingen) zu empfehlen, an dessen Ende ein Interview steht, in dem die Autorin ausführlich und eingebunden in die traditionelle Überlieferung der Namensgebung über dieses Thema spricht.